[ Diashow beenden ]

2005-05-07 um 17-23-20

36/99
2005-05-07 um 17-23-20.jpg 2005-05-08 um 09-49-14 Vorschaubilder 2005-05-08 um 10-42-46 2005-05-08 um 09-49-14 Vorschaubilder 2005-05-08 um 10-42-46 2005-05-08 um 09-49-14 Vorschaubilder 2005-05-08 um 10-42-46 2005-05-08 um 09-49-14 Vorschaubilder 2005-05-08 um 10-42-46 2005-05-08 um 09-49-14 Vorschaubilder 2005-05-08 um 10-42-46 2005-05-08 um 09-49-14 Vorschaubilder 2005-05-08 um 10-42-46 2005-05-08 um 09-49-14 Vorschaubilder 2005-05-08 um 10-42-46

Prof. Marat F. Jegorow 2005
jW Beitrag 7.05.2005
»Freunde, der Krieg ist zu Ende!«
Unbeschreibliche Stimmung bei Nachricht von der Kapitulation der Wehrmacht. Rolle der Roten Armee darf nicht kleingeredet werden. Ein Gespräch mit Marat F. Jegorow
Interview: Peter Wolter
* Marat F. Jegorow ist Oberst a.D. und arbeitet heute als Professor an der Internationalen Akademie in Minsk, der Hauptstadt von Belarus.


F: Sie waren damals Oberfeldwebel der Roten Armee. Wie haben Sie den 8. Mai vor 60 Jahren erlebt?

Nach einer Verwundung besuchte ich in Moskau die Offiziersschule. Nachts hörte ich immer Rundfunknachrichten, um zu erfahren, wie sich der Frontverlauf änderte. Und plötzlich hörte ich im Radio, daß die Deutschen die Kapitulationsurkunde unterschrieben hatten. Obwohl es tief in der Nacht war, konnte ich nicht an mich halten und rief laut: Freunde, der Krieg ist zu Ende! Natürlich waren in dem Schlafsaal sofort alle wach, es war eine unbeschreibliche Stimmung.

Ein paar Tage darauf erhielten wir den Befehl, uns auf die Siegesparade vorzubereiten, die dann am 24. Juni 1945 auf dem Roten Platz stattfand. Ich war glücklich, dabeisein und die Marschälle der Sowjetunion Shukow und Rokossowski sehen zu dürfen, die die Parade kommandierten.

F: Welche Erlebnisse hatte Ihre Familie mit dem deutschen Faschismus?

Mein Vater ist an der Front gefallen, mein Bruder auch. Ich selbst mußte wie Hunderttausende andere die Schule abbrechen und wurde gleich zur Front geschickt, wo ich mehrmals verwundet wurde. Nach der Siegesparade gab es einen kurzen Urlaub, in dem ich nach Hause fuhr. Meine Mutter kam mir auf der Treppe entgegen und erkannte mich nicht mehr ...

Nach dem Krieg mußten wir alle das Land wieder aufbauen – gelernt habe ich an der Abendschule, damit ich tagsüber arbeiten konnte. Und als ich mich dann nach meiner Doktorarbeit umsah, stellte ich fest, daß ich schon alt geworden war und praktisch keine Jugend gehabt hatte.

F: Wann kamen Sie nach dem Krieg zum ersten Mal nach Deutschland?

Das war zum 39. Jahrestag des Sieges, ich war Mitglied einer Delegation, die am Ehrenmal in Berlin-Treptow Kränze niederlegte. Danach war ich öfter in Deutschland, ich war auch 1989 in Berlin und habe die damaligen Ereignisse miterlebt, die schließlich zum Ende der DDR führten.

F: 60 Jahre nach der Befreiung ziehen wieder Faschisten durch deutsche Städte. Was empfinden Sie dabei?

Ich würde diese Neofaschisten gerne zu uns einladen. Ich würde ihnen zeigen, wie deutsches Militär ganze Dörfer mitsamt ihren Einwohnern verbrannt hat oder die Soldaten mit Panzern Kinder überrollt haben. Und ich möchte ihnen deutlich machen, daß sie dasselbe Schicksal wie ihre Vorfahren erleben werden, wenn sie weiter deren Spuren folgen. Die Leidtragenden wären letztlich die Deutschen, vor allem die Mütter. Die Jugend sollte besser die Weltliteratur lesen, statt faschistischen Losungen nachzurennen.

F: In Deutschland, besonders im Westen, wird die öffentliche Meinung noch immer vom Antikommunismus beherrscht. Glauben Sie, daß die Rolle der Sowjetunion bei der Befreiung vom Faschismus hierzulande richtig gewürdigt wird?

Seit geraumer Zeit gibt es eine gut organisierte Kampagne, die das Ziel hat, die Verdienste der Westalliierten herauszustreichen und die Rolle der Roten Armee kleinzureden. Denen, die solche Geschichtsklitterungen verbreiten, möchte ich die Frage stellen: Wo waren die Westalliierten im Jahre 1941, als die Faschisten auf Leningrad und Moskau zumarschierten? Wo waren sie, als die faschistische Armee bis zur Wolga vorgestoßen war? Wir standen damals an der Grenze unserer Möglichkeiten, was die Bewaffnung, was die Versorgung der Bevölkerung betrifft. Und trotzdem haben wir nicht nur den Vormarsch der Faschisten aufgehalten, sondern sie sogar besiegt.

Was wäre in der Welt geschehen, wenn die Rote Armee und die sowjetische Bevölkerung nicht in Leningrad, vor Moskau, in Stalingrad und im Kursker Bogen standgehalten hätten? Die Deutschen hätten irgendwann die Atombombe gehabt, sie hätten alle Länder terrorisiert und die Welt in ein einziges großes Konzentrationslager verwandelt.

(Übersetzung: Helmut Semmelmann)